Learning Analytics in der beruflichen Weiterbildung
8. Juni 2012 § 2 Kommentare
Folgende Gedanken beziehen sich auf eine von mehreren möglichen Fragen nach der Verortung von Learning Analytics (LA) im Bereich der beruflichen Weiterbildung. Sie erheben keinen Anspruch an Vollständigkeit.
Bei der Betrachtung ziehe ich ein Phasen-Modell aus dem Bereich des Bildungscontrollings heran, das auch – was im Kontext Weiterbildung und LLL immer wieder vorkommt (vgl. aktuell hier) – ökonomische Aspekte berücksichtigt.
In Anlehnung an Seeber [1] werden in klassischer Betrachtungsweise folgende Komponenten des Bildungscontrollings differenziert:
- Ziel-Controlling
- Bedarfs-Controlling
- Input-Controlling
- Prozess-Controlling
- Output-Controlling
- Transfer-Controlling
- Outcome-Controlling
Dabei liegen die Komponenten 1. und 2. im sogenannten „Vorfeld“, 3. bis 5. im „Lernfeld“ und 7. und 8. im „Funktionsfeld“ des Gesamtprozesses [2]. Aus Gründen der Umfangsbeschränkung möchte ich mich auf die Komponenten 4.-6. beschränken. Es ist anzunehmen, dass zunächst LA im Prozess- und Output-Controlling verortet werden kann, womit ich meine: Wenn man LA in den Gesamtprozess integriert, dann wird man wohl zunächst dort beginnen. Kern des Prozess-Controllings sind nämlich die Eigenschaften des Lehr-Lern-Arrangements, die Ausgestaltung des Curriculums, die Trainer-Teilnehmer-Kommunikation und weitere typische Merkmale des Lehr-Lern-Prozesses im engeren Sinne. In einem Blended Learning-Szenario würde hier die Nutzung eines Lernmanagement-Systems (LMS) einbezogen sein und Stephan Göldi hat in seinem Blogbeitrag anschauliche Beispiele von LA-Ansätzen in einem LMS aufgezeigt.
Und auch für das Output-Controlling bieten moderne LMS bereits gute Möglichkeiten, bezieht sich diese Komponente des Bildungscontrollings u. a. doch auf die quantitative (sic!) Ermittlung des Lernerfolgs, die sich eben mitunter via (Online-)Tests ermitteln lässt. Entsprechende Messresultate können mit Zielsetzungen verglichen werden, Teilnehmer können hier untereinander verglichen werden und bei entsprechend komplexen Testverfahren läßt sich durchaus auch der Qualifikationszuwachs eines Lerners ermitteln, obgleich dies wesentlich schwieriger ist.
Im Kontext der beruflichen Weiterbildung ist nun aber – u. a. – die nächst folgende Komponente äußerst wichtig: Das Transfer-Controlling. Dabei geht es um die Übertragung (Transfer) und Umsetzung des Gelernten in die „Sphäre Arbeitsplatz“. Dieser Transfer kann bereits in der Planungsphase eines Weiterbildungsprojektes mit berücksichtigt werden, vor allem kann er aber auch nach der „Seminar-Phase“ evaluiert werden. Derartige Transferanalysen sind in Deutschland noch nicht so weit verbreitet, im angelsächsischen Raum stehen sie zuweilen im Sinne eines „Returns der Investition Weiterbildung“ im Fokus. LA könnte hier in der Zukunft eine Art Brücke bilden, so dass die gesamte Ausgestaltung von beruflichen Weiterbildungen sozusagen „LA-gestützt“ zu einem höheren Transfererfolg führen könnte.-
Grundsätzlich begrüße ich LA für die berufliche Weiterbildung. Ein wesentliches Segment der beruflichen Weiterbildung bilden in der Praxis Unternehmen mit kleinerer und mittlerer Unternehmensgröße (KMU). KMU haben hinsichtlich einer „institutionalisierten“ Personalentwicklung Nachteile aufgrund ihrer Größe, so dass LA-Tools hier eine gute Unterstützung bieten könnten. Natürlich müssen solche LA-Tools gehandhabt, also administriert, verstanden und gepflegt werden.
Aspekte des Datenschutzes müssen natürlich mit Bedacht berücksichtigt werden. Im Rahmen der theoretischen Beschäftigung mit dem Thema macht es meiner Meinung nach jedoch durchaus Sinn, diese nicht gleich an erster Stelle zu beleuchten. In der praktischen Arbeit der beruflichen Weiterbildung kommen sie nämlich früh genug: durch Interventionen der Betriebsräte. Damit berufliche Weiterbildung mit digitalen Medien funktioniert, müssen hier immer fundierte Pro-Argumente für deren Einsatz geliefert werden, das war früher schon u. a. hinsichtlich der Log-Files so und Vorbehalte bei modernen LA-Tools werden da ganz sicher auch kommen, mit guten Argumenten für den Einsatz muss man also in jedem Falle gerüstet sein. Selbstverständlich beinhaltet dies auch Maßnahmen und Vereinbarungen zur Einhaltung diverser Datenschutz-Gebote.
Oliver Basel
[1] Seeber, S.: Stand und Perspektiven von Bildungscontrolling, in: Seeber, S.; Krekel, E. M.; Buer v. J. (Hrsg.): Bildungscontrolling – Ansätze und kritische Diskussionen zur Effizienzteigerung von Bildungsarbeit, Frankfurt am Main, 2000, S. 35 ff.
[2] Dieses Modell stellt m. E. nach sicherlich eine Idealvorstellung dar, welche in der Weiterbildungs-Praxis zumeist nur angenähert verwirklicht wird, dennoch ist es ein guter Bezugsrahmen.
danke für den interessanten Brückenschlag zum Bildungscontrolling!
Gruß, JR
[…] Baselix wiederum bringt das klassische Bildungscontrolling ins Spiel und verbindet Learning Analytics spontan mit dem Prozess- und Output-Controlling. […]